Mein Leben

Aufgewachsen in einer Familie mit vier Kindern in der Nähe von Paris würde ich meine Kindheit wie in einem Schwarz-Weiß-Film sehen, trüb und ohne Farben.
Meine Jugend war sehr stark geprägt durch die Krankheit meiner Schwester. Wenn ein Mitglied der Familie leidet, hat es Auswirkungen auf den Alltag jedes Einzelnen. Jedes Mal, wenn ich von der Schule nach Hause kam, wusste ich nicht, welche Stimmung mich erwarten würde. Aus Liebe zu meiner Schwester haben meine Eltern und ich uns angepasst und gelernt, unsere Bedürfnisse und Gefühle zurück zu stellen. In dem Gedanken, alles zu tun, damit es meiner Familie gut geht, vergaß und verlor ich mich selbst.
Es dauerte viele Jahre, bis ich wieder soweit war, auf meine eigenen tiefen Wünsche zu hören.
Die Liebe meines Mannes und meiner fünf Kinder haben mir geholfen, meinen eigenen Gefühlen wieder den richtigen Platz zu geben.
Als eine meine Töchter dieselbe Krankheit wie meine Schwester bekam, spürte ich in mir eine riesige Wut hochsteigen, gepaart mit einem Gefühl der Ohnmacht. Noch einmal diesen Alptraum durchleben? Das war zu viel! Zu sehen, wie ein Mensch, den man liebt, sich selbst zerstört, ist etwas Unerträgliches. Meiner Tochter wurde psychologisch und medizinisch geholfen und ich bin sehr dankbar dafür. Denn was mir aus dieser Zeit blieb, war eine enorme Einsamkeit. Ich fühlte mich schuldig und hilflos, aber ich wusste nicht, wo ich Hilfe finden könnte. Sowohl in meiner Kindheit als Schwester wie auch jetzt als Mama hätte ich mir so sehr gewünscht, dass auch mein eigenes Leiden wahrgenommen und gesehen wird.